Bildstöcke und Wegkreuze stehen in Wald und Flur, in Tälern und auf Höhen, aber auch in der Nähe von Gehöften und inmitten von Dörfern und Städten. Besonders häufig finden sie sich an den Rändern alter Verbindungs-, Post- und Pilgerwege. Während sich vereinzelt Bildstöcke bis zum Niederrhein und nach Westfalen verfolgen lassen, ist ihre angestammte Heimat aber zweifellos der deutsche Südwesten und Süden, das Elsaß und Österreich.
Hier entfalten diese religiösen Kleindenkmale ihren Reichtum an Zahl und Ausdrucksform, der von der vorherrschenden Konfession, der Religiosität, der Wohlhabenheit der Bewohner und nicht zuletzt der Nähe von Klöstern und viel besuchten Wallfahrtskirchen bestimmt wurde.
Bildstöcke und Wegkreuze, auch Flurkreuze genannt, sind Ausdruck und Zeugen tiefer Volksfrömmigkeit. Häufig wissen wir nichts oder wenig von ihren Stiftern und dem Anlass ihrer Errichtung. Auch die Schöpfer der Werke bleiben ungenannt. Die Steinmetzen arbeiteten anonym nach den überlieferten, typischen Formen, die sich seit dem frühen 15. Jh. herausgebildet hatten.
Als Vorläufer der Bildstockform gilt die Totenleuchte, auch Lichtstock genannt, ein hoher Pfeiler, der ein tabernakelartiges Gehäuse trug, dessen eingelassene Nische das Licht barg. Es wurde mit Hilfe einer Leiter angezündet und brannte die Nacht hindurch auf dem Kirchhof. In Frankreich und im alten Österreich waren sie verbreitet, einige Exemplare sind jedoch auch im Südwesten erhalten geblieben. Eines davon aus der Zeit der Gotik steht in Deidesheim an der Weinstraße.
In der kultischen Überlieferung als Gedächtnismal knüpft der Bildstock unmittelbar an die Tradition der älteren, nur noch spärlich vorhandenen niedrigen Steinkreuze an, denen wir noch als Totenmal, Sühnemal, Bannmal, Grenzzeichen hin und wieder begegnen können, und ersetzt diese im Lauf der Zeit. Allerdings wurde seine Ausbreitung durch die Zeitläufe immer wieder unterbrochen: durch Reformation, Bildersturm und vor allem den 30jährigen Krieg. In den wechselvollen, schweren Zeiten waren die Menschen so verarmt, dass für fromme Denkmale kein Geld übrig blieb. Erst mit Beginn des 18. Jh., im Zeitalter des Barock, lebte in katholischen Gegenden der alte Brauch frommer Stiftungen wieder auf und führte bis etwa zur Mitte des 19. Jh. zur Blütezeit. Diesem Zeitraum verdankt auch unsere Region diese Fülle und Vielfalt charakteristischer Zeichen sakraler Volkskunst.
Abgesehen von dem gotischen Pest-Bildstock in Zell-Weierbach (1521), trägt der wohl älteste Bildstock im Kinzigtal die Jahreszahl 1577; er steht nicht weit von der Wallfahrtskapelle St. Roman, Gemarkung Oberwolfach. Mit Ausnahme des Mörderkreuzes sind die Sakraldenkmale in Ohlsbach dagegen jünger; sie stammen aus dem Ende des 17. Jh., überwiegend aber aus der hohen Zeit im 18. Jh. Ihre äußeren Formen sind ähnlich, ihre Besonderheit liegt im Detail: in der Stilrichtung und der handwerklich-künstlerischen Eigenheit des Steinmetzen. Jeder Stock hat sein eigenes Gesicht.
Ein Tabernakelbildstock – nur diese Spielart treffen wir in Ohlsbach an – ist schematisch gesehen dreigeteilt: Fuß, Stamm und Sakramentshäuschen – entweder aus einem Block gehauen oder aus mehreren (meist zwei) Stücken zusammengesetzt, die an der Rückseite durch Eisenklammern verbunden sind. Als Material wurde in dieser Gegend roter Sandstein, seltener der härtere Buntsandstein verwendet. Auf einem Sockel, unterschiedlich tief im Boden versenkt, steht der breite Fuß, auf diesem ruht der schlankere Stamm, der das Sakramentshäuschen trägt. Als Krönung ist zuweilen noch ein Kreuz aufgesetzt. Dieses Grundmuster wird entsprechend dem Zeitgeschmack und dem bildhauerischen Können variiert.
Der Fuß kann ausgebaucht oder verziert sein, er kann auch ganz fehlen. Zuweilen wird er auch Sockel genannt. Der Stamm, auch als Schaft, Pfeiler oder Säule bekannt, ist meist rechteckig, manchmal geschweift oder sich nach oben verjüngend. Die Kanten können durch Abfasen gebrochen, in der Vorderseite können Felder für Schrift, Zeichen, Symbole oder Ornamente eingelassen sein. Das Häuschen, auch Gehäuse genannt, steht vorn oder seitlich über – mal mehr, mal weniger. Die spitz oder rund zulaufende Nische, ursprünglich mit einem schmiedeeisernen Gittertürchen verschlossen, enthält ein Kruzifix, eine Marien- oder Heiligendarstellung. Manchmal ist das Türchen herausgebrochen, nur noch die Löcher für Angeln und Riegel sind zu sehen, dann ist auch die Nische leer. Das Dach ist als spitzes Satteldach geformt, selten gewölbt oder rundbogig; die Schindeln sind andeutungsweise herausgemeißelt. Der eiserne oder steinerne Kreuz- oder Kruzifix-Aufsatz ist häufig im Lauf der Zeit abgebrochen. Die Seitenflächen, besonders die des Häuschens, wurden in der Zeit des Barock mit feingliedrigen Ornamenten (Lilien, Ranken, Blüten, Rosetten) verziert. Fuß und Stamm können auf der Vorderseite, aber auch an den Seitenflächen, Inschriften enthalten, die unterschiedlich stark verwittert und schwer lesbar sind. Am Kopf- oder Fußende des Stocks ist oftmals die Buchstabengruppe IHS eingehauen, in einzelnen Fällen eingerahmt durch die griechischen Buchstaben Alpha und Omega. Auch das ineinander verschlungene Mariensymbol MAR kann man antreffen. Von den zahlreichen, dem IHS zugeschriebenen Bedeutungen liegt wohl hier diejenige am nächsten, dass damit das seit Beginn des 15. Jh. übliche Kürzel für das Christusmonogramm gemeint ist. Zuweilen sind auch Zeichen zu erkennen, die sich als Hof- oder Steinmetzezeichen deuten lassen. Daneben die Symbole des Berufsstandes: Rebmesser, Pflug, Brezel, Schere u.a.
Bei alten Bildstöcken aus dem 16. Jh. gehen die drei Teile unmerklich und ohne Verzierung ineinander über. Im 18. Jh. werden die Übergänge zwischen Fuß und Stamm und zwischen Stamm und Häuschen deutlich hervorgehoben und abwechslungsreich gestaltet: die Gesimse können mehrfach abgestuft, profiliert, mit Rund- oder Wulststäben verziert oder oben regelrecht als Kapitell ausgearbeitet sein. An zwei Ohlsbacher Stöcken schiebt sich zusätzlich ein Wappenschild mit Rebmesser zwischen Stamm und Häuschen und betont den Übergang.
Entsprechend dem Anlass für die Errichtung eines Bildstocks lassen sich allgemein folgende Arten zusammenfassen:
In vielen Fällen wurden Bildstöcke in der Nähe der Hofstätten errichtet, um dort Andacht halten zu können, wenn der Weg zur Pfarrkirche zu weit oder zu beschwerlich war. Hauskapellen bei den Höfen waren in dieser Gegend selten, dazu fehlte das Geld. Einsam gelegene Andachtsmale lassen auf frühere Höfe schließen.
Von den wenigen noch vorhandenen mittelalterlichen Kreuzen abgesehen, war das 18. Jh. auch die Blütezeit der Wegkreuze, die allerdings im Verlauf der Französischen Revolution in unserer Gegend ziemlich dezimiert wurden. Zum Schutz vor Heimsuchungen aller Art errichteten Dörfer und Städte aus frommen Stiftungen der Wohlhabenden an den Eingängen Christuskreuze. Ein typisches Beispiel dafür ist Ettenheim. Um der Stadt und ihren Bürgern Schutz zu gewähren und Unheil abzuwenden, umgibt noch heute ein doppelter Ring von hohen, barocken Kreuzen die Stadt.
Gegen Mitte des 19. Jh. nimmt das Setzen von Bildstöcken merklich ab, während die Zahl der Kreuze sichtbar zunimmt. Im Gefolge des Historismus wurde es Brauch, ein neuklassizistisches, neubarockes oder neugotisches Kruzifix als Hofkreuz, Dorfkreuz, Nachbarschaftskreuz oder Feldkreuz zu errichten. Manche dieser vergangene Stilepochen kopierenden Exemplare, die nicht zuletzt auch einer gewissen Selbstdarstellung dienten, erreichen nicht das Niveau des Bildstocks. Die Ohlsbacher Christuskreuze aus dieser Zeit sind durchaus gelungene Arbeiten, vor allem das Friedhofskreuz.
Diebstahl, Versetzen oder Beschädigen eines Bildstocks oder Kreuzes galt in früherer Zeit als Frevel, d.h. Versündigung, und wurde hart bestraft. Auch in unserer Zeit stehen Flurdenkmale (oder Kleindenkmale) unter dem besonderen Schutz des Staates. Das baden-württembergische Denkmalschutzgesetz spricht von einer Pflicht zur Erhaltung seitens des Eigentümers oder Besitzers. Es legt ferner fest, dass ordnungswidrig handelt, wer ein solches Kulturdenkmal zerstört oder beseitigt, in seinem Erscheinungsbild beeinträchtigt oder aus seiner Umgebung entfernt. Die Anwendung des Gesetzes sollte jedoch nur das letzte Mittel sein, um einen „Frevler“ zur Vernunft zu bringen. Weitaus wichtiger ist, bei allen frühzeitig ein Bewusstsein dafür zu wecken und weiterzuentwickeln, dass es sich hier um ein sakrosanktes Vermächtnis unserer Vorfahren handelt, welches uns zur Bewahrung anvertraut ist. Unsere Landschaft würde an Schönheit und Reichtum einbüßen, wenn auch nur eines dieser Kultmalle, die den Vorübergehenden leise an die Vergänglichkeit mahnen, verloren ginge.
Dank des verdienstvollen Engagements und großen Verantwortungsbewusstseins Ohlsbacher Bürgerinnen und Bürger befinden sich die sakralen Flurdenkmale auf unserer Gemarkung in gutem, auf Grund der Renovierungen in den letzten Jahren sogar in sehr gutem Zustand. Dafür sei an dieser Stelle allen Beteiligten Dank ausgesprochen. Dennoch gibt es einige Problemfälle, an denen schnell etwas getan werden müsste, bevor man langfristig eine Renovierung ins Auge fasst. Es wäre schade um jedes Stück!
Die folgende Aufstellung ist vollständig, was die Zahl der Objekte innerhalb unserer Gemarkung angeht. Sie ist allerdings nicht erschöpfend in der Beschreibung jedes einzelnen Denkmals und seines Umfeldes, da eine solche Arbeit den vorgegebenen Rahmen gesprengt hätte. Es ist jedoch durchaus vorstellbar, bei entsprechender Resonanz weitere Studien anzuschließen, um die Lücken zu füllen.